Prof. Dr. A. A. Bispo, Dr. H. Hülskath (editores) e curadoria
científica
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No. 87 (2004: 1)
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© Foto: H. Hülskath, 2002 Archiv A.B.E.-I.S.M.P.S. |
VON FESTUNG ZU MUSEUM -
ZWISCHEN GESCHICHTE SIGNIFIKANTER EREIGNISSE UND ERFORSCHUNG DER
ALLTAGSKULTUR VON CAIÇARA-BEVÖLKERUNGSGRUPPEN
Aus den Gesprächsrunden im Fort von Bertioga
Willkommensgruß
Kulturamt der Stadt Bertioga
[Zusammenfassender Bericht]
Im Namen des Kulturamtes der Stadt Bertioga und der Direktion
des Museums, das in diesem historischen Fort untergebracht ist,
möchte ich sie alle bei dieser Begegnung im Rahmen des Internationalen
Kongresses Euro-Brasilianischer Studien 2002 herzlich begrüßen.
Als wir durch den Vorsitzenden der Akademie Brasil-Europa vernommen
hatten, daß die Möglichkeit bestünde, eine Sitzung in unserer
Stadt abzuhalten, haben wir uns sehr gefreut und Sie gerne zu
dieser Begegnung eingeladen. Gleich nach der symbolträchtigen
Besichtigung dieses Forts werden zu unserem Gedankenaustausch
der Bürgermeister der Stadt Bertioga sowie Vertreter des Rates,
der Presse und des Guarani-Stammes kommen.
Wir werden zu Beginn die Möglichkeit haben, die Räumlichkeiten
des Forts und die vorbereitete Ausstellung zu besuchen, die Einblick
in die Dokumente über die Geschichte und die Aktualität der Kultur
des Meeres des südlichen Atlantischen Ozeans gewährt. Dort werden
Sie nicht nur Bildmaterialien und Texte aus den ältesten Quellen,
sondern auch Fotos und Berichte von Expeditionen neuerer Zeit
betrachten können. Während der Besichtigung werden wir auch die
Gelegenheit haben, über die Wiederherstellungs- und Konservierungsarbeiten
dieses Denkmals portugiesischer Militärarchitektur zu sprechen.
Von Festung zu Museum: Dies kann als Motto für unsere Arbeit gelten.
Es bedeutet nicht nur, daß wir diesen Bau funktionell umgewandelt
haben. Es verweist auf eine neue Auffassung von Kulturarbeit,
die nicht mehr durch eine enge Auswahl von Themen und eine exklusive
Art ihrer Darstellung einem kleinen Kreis vorbehalten bleibt,
sondern durch Offenheit für weiter gefaßte Fragestellungen und
alle Schichten der Bevölkerung zugänglich ist.
Grußwort
Präfekt der Stadt Bertioga
Ich möchte einige Grußworte in deutscher Sprache an Sie richten, wobei ich für die sprachlichen Ungereimtheiten um Verständnis bitte. Wir pflegen einige Kontakte zu Menschen und Institutionen in Europa und wir möchten unsere Beziehungen in naher Zukunft wiederaufleben lassen und verstärken. Aus diesem Grund freuen wir uns, daß die Teilnehmer des Kongresses Euro-Brasilianischer Studien 2002 zu dieser Begegnung im Fort von Bertioga unter uns sind. Wir befinden uns an einem historisch bedeutsamen, symbolträchtigen Ort der Geschichte euro-brasilianischer Beziehungen. Wie sie vor sich sehen, befinden wir uns an der Wasserstraße, die die Verbindung zu den weiter südlich gelegenen Regionen der Küste ermöglichte. Hier erfolgten erste Momente der Begegnung zwischen Europäern und Indianer, die nicht immer konfliktfrei verliefen. Aber unsere Geschichte ist auch davon geprägt, daß sehr früh Europäer bei Indianern lebten und sich an deren Kultur anpaßten. Die Anpassung war in den ersten Zeiten nicht einseitig. Die Europäer mußten sich integrieren und erst dann war es möglich, in das Landesinnere einzudringen und den Gefahren durch verfeindete Nationen aus Europa Widerstand zu leisten. Hier ist auch eine Ort, der daran erinnert, daß europäische Konflikte Indianer miteinbezogen haben und auf unserem Boden ausgetragen wurden.
Akademie Brasil-Europa
Im Namen der Organisatoren und der Teilnehmer des Kongresses Euro-Brasilianischer
Studien 2002 möchte ich Ihnen, Herr Präfekt, dem Rat der Stadt
Bertioga und vor allem dem Kultursekretariat der Stadt herzlich
danken. Bei der Vorbereitung des Programms des Kongresses, der
das Triennium wissenschaftlicher Tagungen zum Anlaß der Entdeckung
Brasiliens vor 500 Jahren beendet, war es von Anfang an ein besonderes
Anliegen, zumindesten einen symbolischen Akt in der Stadt Bertioga
abzuhalten. Wir freuen uns, daß daraus ein Kolloquium mit Ihnen
und mit Vertretern der Stadtverwaltung, des Museums, der Presse,
der Gemeinde und der Guarani-Indianer geworden ist.
Der Symbolcharakter dieses Aktes im Rahmen unseres Programms ist
vor dem Hintergrund der Thematik dieser letzten Phase des Kongresses
nachzuvollziehen. Wir widmen uns Fragen des Verhältnisses zwischen
Memoria, Mentalität und Zukunft, und dieser Ort - diese einmalige
Festung an unserer Küste - ist ein Denkmal der Erinnerung an die
ersten Jahre euro-indigener Begegnung, wie wir bereits bei der
Besichtigung der Ausstellung wahrgenommen haben. Unsere Gedanken
richten sich auf João Ramalho und auf die Entstehung eines neuen
Menschenschlages, der aus der Verbindungen zwischen Portugiesen
und anderen Europäern und Indianern hervorgegangen ist.
Die Rolle dieser Menschen, die zwei Ethnien entstammten, kulturell
zwei Sphären angehörten, aber in diesen ersten Phasen der Geschichte
Brasiliens noch eng mit der Indianer-Welt verbunden waren, wird
in unserer Historiographie nicht genügend beachtet. Gerade hier
liegen wahrscheinlich auch die Grundlagen, um die Kultur unserer
Caiçaras besser zu verstehen. Ich erinnere mich sehr gut an die
Worte von Rossini Tavares de Lima, der die herausragende Bedeutung
der Kultur der Küste São Paulos im Gesamtzusammenhang der Volkskultur
Brasiliens bei der Vorstellung der Ergebnisse volkskundlicher
Forschungen an der Nordküste hervorhob. Dieses von der Regierung
des Staates geförderte Forschungsunternehmen war in der Tat von
wegweisender Bedeutung.
Dieser symbolhafte Akt unseres Kongresses an diesem architektonischen
Denkmal der Geschichte der Küste dient auch dazu, uns daran zu
erinnern, daß Geschichte nicht nur aus der Aneinanderreihung signifikanter
Ereignisse militärischer oder politischer Taten besteht. Diese
Ansicht ist natürlich nicht neu, denn sie gehörte zu der Denktradition
der Annales, die 1929 gegründet wurde. Ich möchte hier nur an
Namen wie Jacques LeGoff, Philippe Ariès und Georges Duby erinnern,
die sich einer Geschichte der Mentalitäten widmeten.
Die Erforschung der Alltagsgeschichte, der Geschichte kleiner
Leute, die Heranziehung und die Verwendung von vielfältigen, heteronomen
Quellen aller Art für die Mentalitätsforschung hat in Brasilien
eine lange Tradition. Sie wurde - dessen erinnere ich mich sehr
genau - eingehend im Rahmen der Veranstaltungen zur Methodologie
der Geschichte behandelt, die von der Fakultät für Geschichte
der Universität São Paulos 1969 angeboten wurden. Mentalitätsgeschichte
war die Grundlage der musikgeschichtlichen Arbeit des Zentrums
für Musikforschung der Gesellschaft Nova Difusão, die von mir
orientiert wurde. Dennoch bleibt die Rekonstruktion der Geschichte
der Mentalitäten an der Küste, die in erster Linie die Geschichte
unserer Caiçaras ist, ein Desiderat.
Ich möchte Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, zum Andenken
an diese Begegnung zwei Schriften überreichen, die diese ersten
Zeiten der Geschichte unseres Landes aus einer mentalitätshistorischen
Perspektive behandeln. Eine Studie behandelt die "Wahrhaftige
Historia und Beschreibung" von Hans Staden, die andere die Methoden
von José de Anchieta, dessen Denkmal wir gestern in São Paulo
als erstes besuchten. So gewinnen zwei symbolhafte Akte unseres
Kongresses einen zusammenhängenden, den von der Programmgestaltung
her vorgesehenen Sinn, der sich hoffentlich für weitere Reflexionen
fruchtbar erweisen wird.
Musik, Projekte und Perspektiven. A.A. Bispo u. H. Hülskath (Hgg.).
In: Anais de Ciência Musical - Akademie Brasil-Europa für Kultur-
und Wissenschaftswissenschaft. Köln: I.S.M.P.S. e.V., 2003.
(376 páginas/Seiten, só em alemão/nur auf deutsch)
ISBN 3-934520-03-0
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