Prof. Dr. A. A. Bispo, Dr. H. Hülskath (editores) e curadoria
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No. 87 (2004: 1)
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© Foto: H. Hülskath, 2002 Archiv A.B.E.-I.S.M.P.S. |
ZUM PROJEKT "ALMA BARROCA" - MARIA BRAGANÇA
Präsentation der CD-Produktion von Maria Bragança im Theatro São Pedro
Brasilien und Barock überraschen und faszinieren mit ihren vielfältigen
Bezügen und Affinitäten. Die Denkmäler der kolonialen Vergangenheit
bezeugen die Kraft des Barocks in diesem Land und die barocke
Formung seiner Kultur. Viel mehr jedoch als nur Kunstausdruck
einer historischen Epoche verweist der Barock auf die psychischen
Grundlagen der Nation. Wenn sogar der Begriff selbst der portugiesischen
Sprache entstammen soll, in der er eine Perle bezeichnet, die
mit unregelmäßigen Formen aus der Muschel entsteht, so ist nachvollziehbar,
dass er die Seele eines Landes gut zu charakterisieren vermag,
dessen geistige Formung im Verlaufe der portugiesischen Expansion
im Zeichen des Katholizismus zur Zeit der Gegenreformation erfolgte.
Es ist jedoch nicht einfach, psychische Phänomene eines Volkes
und dessen geistige Zustände in den verschiedenen Epochen und
Regionen zu verstehen und zu erfassen. Hierbei erscheint die Musik
als ein privilegierter Weg zur Wahrnehmung, zum Verständnis und
zum Ausdruck von Ungreifbarem. Bezeichnenderweise erhielt der
musikalische Barock eine außerordentliche Bedeutung bei den Überlegungen,
Diskussionen und Studien über die Kultur des Landes.
Die Aufmerksamkeit richtete sich vor allem auf die musikalischen
Zeugnisse der Blütezeit von Minas Gerais, die seit den 30er Jahren
des 20. Jahrhunderts aufgedeckt wurden. Da sie jedoch vor allem
eine vor-klassische Musiksprache verkörpern, ist die Bezeichnung
"Barock" hier eher Ausdruck der eigenen Sehnsüchte der Zeit dieser
Wiederauffindung, die durch eine bemerkenswerte Rezeption der
Bach-Bewegung in Europa und der Wiederentdeckung der alten Musik
gekennzeichnet war.
Alles in Brasilien schien in der Tat eine besondere Vorbestimmung
des Landes und seiner Menschen für das Universelle des Barocks
nahezulegen: die fast polyphone Fülle der Natur, die strukturierte
Dramatik der Ausdrucksformen der Volkskultur, die zugleich sinnlich
und vergeistigt ist, die Motorik und das Rethorische der melodischen
Linien beim Improvisieren der Volksmusiker. Welches Land kann
wie nun Brasilien von sich behaupten, dass sein größter Komponist
- Heitor Villa-Lobos - "Bachianas"- geschaffen hat?
Ahnungen und Visionen, wenn auch vage, werden hier zu Realitäten,
schaffen Fakten, die noch einmal deutlich bezeugen, wie notwendig
es ist, sich immer wieder mit dem Phänomen des Barocks auseinanderzusetzen
und es umzuinterpretieren. In dieser Absicht versucht ALMA BARROCA
nun zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Grenzen und Stile überwindend
Zustände von Geist und Seele aufzuspüren und klanglich zu gestalten
.
Musik, Projekte und Perspektiven. A.A. Bispo u. H. Hülskath (Hgg.).
In: Anais de Ciência Musical - Akademie Brasil-Europa für Kultur-
und Wissenschaftswissenschaft. Köln: I.S.M.P.S. e.V., 2003.
(376 páginas/Seiten, só em alemão/nur auf deutsch)
ISBN 3-934520-03-0
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