Prof. Dr. A. A. Bispo, Dr. H. Hülskath (editores) e curadoria científica
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No. 79 (2002: 5)


 

    Entidades promotoras
    Akademie Brasil-Europa
    I.S.M.P.S. e.V./I.B.E.M.: Institut für Studien der Musikkultur des portugiesischen Sprachraumes/Instituto Brasileiro de Estudos Musicológicos
    ACDG: Associação Cultural Cante e Dance com a Gente (Novo Hamburgo RS)
    Institut für hymnologische und musikethnologische Studien e.V. (Maria Laach)

    Direção geral
    Dr. Antonio A. Bispo
    Direção Forum RS
    Dra. Helena de Souza Nunes, Rodrigo Schramm

© Foto: H. Hülskath, 2002
Archiv A.B.E.-I.S.M.P.S.

 

INTERNATIONALER KONGRESS
EURO-BRASILIANISCHER STUDIEN 2002

2. Phase. Gebiete der "Cultura Caipira" im Hinterland von São Paulo

 

ausländische Teilnehmer am Sitz des I.B.E.M./
Participantes estrangeiros na sede do I.B.E.M.
Die zweite Phase des Internationalen Kongresses Euro-Brasilianischer Studien 2002 widmete sich Problemkreisen des kulturidentifikatorischen Wandels im Spannungsfeld von Interaktionen ruraler und stammesbezogener Gesellschaften unter besonderer Berücksichtigung symbolischer Organisationsprinzipien.
Die Probleme der Erforschung der "Cultura Caipira" waren bereits in mehreren vorausgehenden Kolloquien thematisiert und differenziert behandelt worden. Fragen der komplexen Begriffsbestimmung und der Unterscheidungen entsprechender Kulturformen und -identitäten (Cultura Caipira, Cultura Sertaneja, Cultura Rural u.a.) waren bereits behandelt worden. In dieser Phase des Kongresses ging es vornehmlich darum, auf der Grundlage vorausgegangener Diskussionen Interaktionen der in den ruralen Regionen noch heute besonders sinnfälligen symbolischen Organisationsprinzipien in Darstellungsweisen der Kultur, die der Identifikation von Gruppen dienen, mit solchen tribaler Gesellschaften zu analysieren. Aus diesem Grund wurden die Tage von zwei großen Fragenkomplexen beherrscht. Als Austragungsort dieser zweiten Phase des Kongresses wurde eine Region ausgewählt, in der seit Jahren Bemühungen zur Aufwertung einer als provinziell deklassierten Kultur unternommen werden.

Die Tagung stand unter der Schirmherrschaft der Stadt und des Rates von Joanópolis an der Grenze zwischen den Bundesstaaten São Paulo und Minas Gerais. Andere Städte der Region wurden in die Arbeiten integriert. Ein Tag des Kongresses wurde in der Stadt Bragança Paulista verbracht; hier wurde eine Festsitzung von der Stiftung für Hochschulstudien von Bragança Paulista veranstaltet.

Dr.A.A.Bispo, Dr. A.Cardoso,Dr.H. Hülskath
Congresso de Estudos Euro-Brasileiros 2002
I.B.E.M.
Die Kongreßteilnehmer wurden in der Fazenda Santa Rita bei Joanópolis untergebracht. Am 19. September erfolgte um 19:30 Uhr die Eröffnungssitzung in der Arbeitsstätte des Brasilianischen Instituts für Musikwissenschaftliche Studien. Der Bürgermeister der Stadt Joanópolis, Dr. Ari Cardoso, begrüßte die Teilnehmer. Dr. Harald Hülskath dankte als Geschäftsführer der Akademie Brasil-Europa der Stadt für die Unterstützung des Kongresses und erinnerte an die in vorherigen Jahren dort veranstalteten Tagungen. Der Vorsitzende der Akademie Brasil-Europa erläuterte das Ziel der Tagung und die Beziehung der untersuchten Problemkreise zum Thema der Aktion 2002 der Brasilianischen Bischofskonferenz: "Auf der Suche nach einem Land ohne Bösem". In seinem Vortrag hob er die Bedeutung von Fragen der Ethik in diesem Thema indianischen Ursprungs hervor und wies auf die Analogie zwischen entsprechenden Guarani-Vorstellungen von einer Sintflut und der biblischen Überlieferung hin. Daraufhin verwies er auf die symbolische Rolle der Musik bei transkulturellen Sintflutvorstellungen über die Zerstörung von Menschen und der Erde. Die sozial-ethischen, kulturwissenschaftlichen und ökologischen Dimensionen dieser Symbolsprache wurden besonders hervorgehoben.

Nachdem die angekommenen indianischen Vertreter der Stämme Krahô und Xerente begrüßt worden waren, wurde das Wort Herrn Rolf Bäcker erteilt, der das beim Kolloquium 2001 in Köln gehaltene Referat über die Cultura Sertaneja und Perspektiven der Moda de Viola in portugiesischer Sprache vortrug. Es folgte ein Empfang in der Bibliothek des Instituts mit anschließendem Konzert renommierter Gitarren-Spieler der Region. Die Musikvorträge wurde mit Kommentaren von Herrn Walter Cassalho, einem Experten regionaler Kulturforschung mit Caipira-Identifikation, umrahmt. Die Sitzung wurde mit der Vorführung von traditionellen Catira-Tänzen mehrerer Gruppen der Region abgeschlossen. Dabei wurde die Frage nach der Wiederbelebung dieser Darstellungsweisen der Caipira-Kultur besprochen.

Grupo de Catira
Congresso de Estudos Euro-Brasileiros 2002
I.B.E.M.
Die Sitzungen des 20. Septembers wurden im Rathaus der Stadt Joanópolis abgehalten. Die Themen bezogen sich auf Fragen sowohl der ruralen als auch der indigenen Musikkultur. Deutsche Teilnehmer des Kongresses gaben einen Überblick über die beim Kolloquium zum Thema "Europa und das Klanguniversum der Indianer" behandelten Fragen. Es wurden Probleme der fremden Wahrnehmung indigener Musikkulturen in Reiseberichten am Beispiel der Makuxi und der Krahô aufgezeigt. Nach einem Grußwort des Vertreters des Krahô-Stammes kommentierte dieser die über seine Kultur dargestellten Arbeiten von E. Wusstmann sowie vorgeführten Aufnahmen von H. Schultz.

Valber Dias, der seit Jahrzehnten bei den Krahô lebt und sich eine indigene Kulturidentifikation erarbeitet hat, übersetzte die auf Krahô vorgetragenen Kommentare und verwies auf begriffliche Probleme hinsichtlich der sogenannten Timbiras in der kulturanthropologischen Literatur. Nach der Ankunft von Kindern und Jugendlichen der Schulen der Region wurden diese von Frau Prof. Dr. Dr. Julieta de Andrade begrüßt und in den Dialog mit den Indianer-Vertretern einbezogen. Zum Schluß der Sitzung sprach der Musikhistoriker Marcelo Hazzan über die Probleme kirchenmusikalischer Konzeptionen im Sinne der Festigung der Beziehungen zu Rom zur Zeit des Historismus. Der Vorsitzende der Akademie hob die gravierenden kulturwissenschaftlichen Probleme hervor, die diese traditionalistischen Bestrebungen des Katholizismus Europas, die leider noch fortbestehen und sogar eine Regenerierung in fundamentalistischen Positionen erfahren, verursacht haben.

Die Nachmittagssitzung wurde vor allem Fragen volkskundlicher Forschung gewidmet. Frau Prof. Dr. Martha Haug erläuterte Konzeptionen und rituelle Handlungen der Kommunion von Menschen und Heiligen in von der Globalisierung erfaßten Grenzregionen von Mato Grosso. Frau Zuleika de Paula behandelte anschließend die traditionellen Formen der Interaktionen von Lebenden und Toten bei Praktiken der Commendatio animae in ruralen Regionen.

Representantes Indígenas Xerente e Krahô
Congresso de Estudos Euro-Brasileiros 2002
Akademie Brasil-Europa/I.B.E.M.
Die Verantwortlichen für die Kulturarbeit in der Stadt und in der Region führten Video-Aufnahmen vor von Projekten des Kulturamtes des Staates São Paulo zur Aufwertung von traditionellen Gruppen und Darstellungsweisen der Kultur bei öffentlichen Massenpräsentationen in der Hauptstadt sowie von in der Region selbst unternommenen Bemühungen zur Wiederbelebung von traditionellen Tanz- und Theatergruppen. Es folgte eine Diskussion über Sinn und Gefahren solcher Projekte, die eine traditionalistische Konzeption erkennen lassen und zu einer verflachenden Folklorisierung von Repräsentationsformen führen können.

Der Abend war einer offiziellen Festsitzung des Rates der Stadt Joanópolis gewidmet. Der Bürgermeister der Stadt wies auf die Bedeutung der ruralen Musik- und Kulturidentität in einem globalen Gebäude des Wissens hin. Der Vorsitzende der Musikkommission der Bischofskonferenz Brasiliens, Osmar Bezzutti, zeichnete ein Panorama der inkulturativen Konzeptionen und Bemühungen in Theologie und Liturgie um eine kulturell angemessene Vorgehensweise in der religiösen Praxis. Der Vorsitzende der Akademie Brasil-Europa behandelte die historischen Mechanismen des kulturidentifikatorischen Wandels am Beispiel der Doppelkodierung der Maraca und der Viola als symbolische Instrumente der indianischen und der ruralen Kulturen. Im Namen der Akademie trug Herr Peter Rodekuhr ein Dokument über die Notwendigkeit einer Revision von Theoriemodellen integrativer Politik stammesbezogener Völker am Beispiel des Denkens von Couto de Magalhães vor.

Es folgen zwei Festvorträge, die grundsätzlichen Fragenkomplexen der ruralen Volkskultur und der indigenen Welt gewidmet waren. Frau Prof. Dr. Dr. Julieta de Andrade behandelte Fragen der Geschichte und der Gegenwart der Trovadores sowie der Symbolik des Cururu-Tanzes am Beispiel der Region des mittleren Tietê. Herr Valber Dias erläuterte die duale Organisation des Raumes bei den Krahô-Gesellschaften und ihre Konsequenzen für eine Weltsicht, die vom Bestreben nach Harmonie der Gegensätze und des Friedens gekennzeichnet ist. Die Sitzung wurde von Musikvorführungen der anwesenden Krahô- und Xerente-Indianer unterbrochen. Schließlich traten renommierte Gitarristen-Duos auf, die kulturgeschichtlich relevante Beispiele der Viola-Tradition sowie neue Kompositionen vortrugen.

Die Sitzungen des 21. Septembers, die ebenfalls im Rathaus der Stadt Joanópolis stattfanden, beinhalteten die Darstellung eines vergleichenden Projekts über den Tanz der Carimbó im Staat Pará. Thematisiert wurden die transregionalen Grundstrukturen dieses Tanzes sowie seine Ausdifferenzierung in der Amazonas-Region, die offenbar auf den Einfluß von Umweltfaktoren zurückzuführen ist. Im Bereich der indigenen Kulturforschung wurde die während des Kolloquiums in Europa behandelte Frage nach Dokumentarfilmen als historische Quelle für Wissenschaft und Rekonstruktion indigener Geschichte und Identität den brasilianischen Interessenten erläutert. Dabei wurden historische ethnographische Filme aus verschiedenen Epochen der Filmgeschichte gezeigt und kommentiert.

Am Nachmittag wurde ein Ausflug zum Wasserfall "dos Negros" zur symbolischen Vorbereitung auf die Problematik afro-amerikanischer Themen unternommen, die am nächsten Tag kurz diskutiert werden sollten. Leider verhinderten die Wetterverhältnisse die Durchführung des Kulturprogramms sowie der festlichen Kulthandlung für Reiter im Freien.

Die Feier am Sonntag, den 22. September, fand in der Stadt Bragança Paulista statt. Sie wurde mit einem Hochamt in der Kapelle des Tagungszentrums St. Augustin eröffnet, das musikalisch vom Chor Kyriale des Kulturhauses Demetrio Kipman umrahmt wurde. Bei der Messe trug der anwesende Sänger der Krahô Instrumentalmusik des Stammes vor. Anschließend fand die Sitzung mit Aufführungen verschiedener Chöre und Tanzgruppen der Stadt im Saal des Tagungszentrums statt. Sie wurde durch Reden von Prof. Amauri Sodré da Silva, dem Vize-Prefekten der Stadt und Vorsitzenden des Kuratoriums der Stiftung für Hochschulstudien, sowie von der Vorsitzenden dieser Stiftung, Frau Prof. Vera Lucia Frangini, eröffnet. Der Vorsitzende der Akademie Brasil-Europa hielt eine Rede über die regionale und lokale Musikgeschichte im Rahmen historischer Analysen von Mobilitäts-, Vernetzungs- und sozialer Differenzierungsvorgängen und hob dabei die musikgeschichtliche Bedeutung von Bragança Paulista hervor. Es folgten Darstellungen der Gruppe Afro-ARCAB, die sich der antidiskriminatorischen Kulturpolitik hinsichtlich Gruppen mit afro-brasilianischer Kulturidentität widmet. Die Verantwortliche für diese Initiativ hob die Bedeutung dieser kulturinszenatorischen Arbeit für die politische Strategie hervor. Anschließend stellte der Chor Vozes EnCanto von Bragança eine Choreographie über Krahô-Lieder vor, die von den anwesenden Krahô-Indianern beobachtet und kommentiert wurde. Es wurden auch Kompositionen von Osvaldo Lacerda und der Hymnus an Bragança vorgetragen. Die Sitzungen wurden von einem Festessen mit den Professoren der Fakultäten von Bragança und Autoritäten von Stadt und Region abgeschlossen.

Am Nachmittag wurden die Kongreßteilnehmer und die Vertreter von Kultureinrichtungen der Region zu einem Empfang am Brasilianischen Institut für Musikwissenschaftliche Studien eingeladen. Zuvor wurden die Archive mit historischen Dokumenten über das Musikleben des Hinterlandes Brasiliens des 18. und 19. Jahrhunderts besichtigt.

Grupo Afro Angola-Cabinda FESB, Bragança Paulista
Congresso de Estudos Euro-Brasileiros 2002
Akademie Brasil-Europa/I.B.E.M.

 

Texto incompleto e sem notas/Unvollständiger Text ohne Anmerkungen
Da publicação:/Aus der Veröffentlichung:
Musik, Projekte und Perspektiven. A.A. Bispo u. H. Hülskath (Hgg.).
In: Anais de Ciência Musical - Akademie Brasil-Europa für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft. Köln: I.S.M.P.S. e.V., 2003.
(376 páginas/Seiten, só em alemão/nur auf deutsch)
ISBN 3-934520-03-0

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