Prof. Dr. A. A. Bispo, Dr. H. Hülskath (editores) e curadoria
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N° 70 (2001: 2)
Brasil 2000 J.S.BACH-H.VILLA-LOBOS 31. Mai - 2. Juni 2000Akademie Brasil-Europa Wissenschaftliche Leitung: Dr. A. A. Bispo - Org. Dr. H. Hülskath |
José Cândido de Andrade Muricy
(Ausschnitte in deutscher Sprache für die Diskussionen des Kolloquiums Brasil 2000: J.S.Bach-H.Villa-Lobos)
Als Andrés Segovia vor kurzem sein Gitarrenkonzert gegeben hat, sind zahlreiche Menschen einfach zu Hause geblieben: das Instrument schien ihnen eines Konzertinstrumentes nicht würdig. Andere sind mit lauter Vorbehalten zum Munizipaltheater gekommen. Die (Gesellschaft für) Künstlerische Kultur hat den lobenswerten Mut gehabt, ihren aristokratischen Mitgliedern einen Gitarristen vorzustellen. Segovia ist zweifellos in der ganzen Welt berühmt. Die Bedenken vieler galten der Gitarre.
Die Gitarre ist unser bedeutendstes nationales Instrument. Dies wird jedoch nur im Popular-Bereich anerkannt. Jeder sieht es nur als ein Begleitinstrument für Nachtmusik, dazu bestimmt, an Choros teilzunehmen und höchstens hier und da ein kleines sentimentales Solo aufzuführen, meistens in Walzer-Form.
Wir haben zwar bereits Gitarristen gehört, die Programme mit einigem künstlerischen Anspruch vortrugen.Dies hat jedoch keine Wurzeln in unserem Unterbewußtsein geschlagen. Es ist nicht üblich, zum Munizipaltheater zu gehen, um Gitarre zu hören. Das Publikum von anspruchsvollen Konzerten assoziiert stets die Gitarre mit den Fado-Traditionen oder der vorstädtischen Nachtmusik.
Für das Publikum gibt es edlere Instrumente. Es gibt zweifelsfrei einige von reichen und beeindruckenden klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten. Das Reichtum des Klavier (bzw. Cembalo) hat die alte Laute und die Gitarre entthront. Die Gitarre und die Laute hatten aber den Menschen über die Jahrhunderte stark interessiert, standen in der Beliebtheit an vorderster Stelle und motivierten die Entstehung einer umfangreichen Literatur. Das Interesse an ihnen ging zurück aus natürlichen und komplexen Gründen. Ich vermute sogar, daß sie nicht in der Lage sind, den ursprünglichen Stand ihrer höchsten Blüte zurückzuerlangen. Deshalb ist aber die Gitarre nicht ein minderwertiges Instrument ohne Klasse, wie es einige "snobs", Naive oder Ignoranten der Musikgeschichte wollen.
Die Vorstellung von edleren Musikinstrumenten ist bemerkenswert.
[...]
Die Kunst verwendet die verschiedensten Ausdrucksmittel. Alle Möglichkeiten gelten ihr zur Äußerung von Emotionen.
Nur die Kunst ist edel. Dieser Adel der Musik findet sich in einem Gitarrenkonzert genauso wie in einem Symphoniekonzert. Ein großes Orchester, das eine Kabarett-Musik spielt, ist zuweilen minderwertiger als eine Gitarre, die Bach spielt. Ein Ungeschickter auf der Orgel wird niemals wie Segovia auf der Gitarre Interesse wecken können.
Hier geht es in wesentlich um Geist. Der Geist ist es, der die Dinge auf dem richtigen Platz stellt. Es ist der Geist, der dazu führt, daß die emotionelle Qualität von ihrem Instrument unabhängig ist.
Genau dies war die wichtige Lektion von Segovia!
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Die Technik und die Ästhetik des Vortrags von Andrés Segovia zeigen bis zur Selbstverständlichkeit die Verwandtschaft der Technik und der Literatur des Klaviers mit denen der Gitarre des 17. Jahrhunderts.
Die Siege von Segovia waren Siege des Geistes über die rein physische Anziehungskraft großer Klangvolumina.
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Alle Menschen haben zunächst und mißtrauisch nur beachtet, daß es sich dabei um einen Gitarrenspieler und eine Gitarre handelte. Danach erschien es als ein Wunder, daß es sich um eine Gitarre handelte!
Wer bereits Wanda Landowska auf dem klangvollen Cembalo gehört hat - sei es auch nur in den ausgezeichneten Tonaufnahmen - erkennt in Segovia ein würdiges Pendant.
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Bach, der noch zur Blütezeit der Gitarre lebte, schrieb für dieses Instrument einige wichtige Werke. Bei der Interpretation des Präludien, Fugen und Gavotten von J.S. Bach konnte Segovia seinen großartigen Stil beweisen. In dem schwachen Instrument wurde die Bach'sche Mehrstimmigkeit recht herausgearbeitet und in einer natürlichen und beherrschten Weise vorgetragen.
[...]
Das Konzert von Andrés Segovia war von entscheidender Bedeutung. In einem Land, in dem die Gitarre König ist, gelang es vielleicht dem König der Gitarristen, das Instrument zu rehabilitieren und ihm die alten Adelsrechte zurückzugeben, die es mit der Laute und dem Cembalo teilt.
In Brasilien hängt eine tatsächlich praktikable, junge Musik in großem Maße von der Gitarre ab. Auf Schritt und Tritt finden wir in ihr Spuren und charakteristische Züge der Gitarren-Musik - angefangen bei den bescheidenen und genialen Stücken von Ernesto Nazaré bis zu den modernen Werken, wie die vielen von Vila Lobos (der übrigens auch Studien für Gitarre schrieb), die "Studien in Sonatina-Form" von Oscar Lorenzo Fernandez und die Sonatina von Camargo Guarnieri. Die Gitarre ist das wichtigste Element für das Atmosphärische in der brasilianischen Musik. Unsere Komponisten sollten freudig dem Aufruf von Segovia folgen, direkt für sein Instrument zu schreiben. Unsere Spieler sollten es ernsthaft studieren als ein nützlicher Ersatz für das ausgeschöpfte Klavier, das in Exzess und im allgemein schlecht praktziert wird.
In diesem Land von Liedern sollte kein weiteres Lied ohne Gitarren-Begleitung neben der Klavierpart mehr komponiert werden.
Dies sind einige der Ergebnisse des Besuches von Segovia.
Das erste und das wichtigste ist, daß er uns zum Nachdenken brachte."
(Caminho de Música, 1937, 31-37. Übers. A.A.B.)
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